Das Fenster in meinem Arbeitszimmer stand offen und ich tippte soeben eine Email ab, als ich jemand in der umgebenen Nähe etwas lauter in Zimmerstärke telefonieren hörte. Meine Drama Rezeptoren waren sofort hell wach. Meine Ohren spitzten sich automatisch. Ich ging wie automatisiert zum Fenster und stand am Fenster und lauschte. Alles zog mich dahin um so viele Informationen zu erhaschen wie ich nur konnte. Ich konnte mich lediglich selbst dabei beobachten, bis ich doch entschloss das Fenster offen zu lassen und mich wieder an den Laptop zu sitzen. Ein Ohr wollte immer noch zuhören. Um mich abzulenken, ging ich in die Küche und machte mir etwas zu trinken. Meine Zellen, die es gewohnt waren sich von Dramen zu ernähren, waren deutlich hungrig auf neuen „Stoff“. Ich ergriff mir die nächste bestmögliche Person, die mir in den Weg kam. Mein Mann.
Ich wollte ihm von dem Telefonat erzählen, was ich mitbekommen habe. Ich war kurz davor über andere zu reden.
Irgendwie schaffte ich mich doch nochmals innerlich zu fokussieren und erzählte ihm von einer Entscheidung, die ich getroffen habe. Die Diskussion verlief erstmal ganz ruhig und harmonisch ab. Aber dann spitzte es sich ziemlich schnell zu. Wie schnell mich meine Gefühle übermannten. Ein Gefühlscocktail von Wut, Aggression, Hilflosigkeit und Ohnmacht. Es fühlte sich dennoch nicht mehr so gleich an, wie vor zwei oder drei Monaten, geschweige denn vor einem Jahr. Da haben mich diese Gefühle komplett in die innere Krise geführt. Die Gedanken dazu waren gar nicht schön. Mit viel täglicher Übung war ein beständiges Gefühl von Urvertrauen entstanden. Bildlich gesprochen war ich kein Grashalm mehr, der bei einem Sturm direkt bricht, ich fühlte mich eher wie ein wachsender Bambus Stiel.
Sei wie der Bambus. Beuge und biege Dich anmutig und Du wirst niemals brechen.
Volksweisheit aus Japan
Es ist wie eine Sucht, unkontrolliert sich den Gefühlen mitzureißen. Das Drama im Außen zu kreieren um etwas zu spüren. Aber es ist nur die Oberfläche von Gefühlen. Tief hinter diesen Gefühlen ist ein sehr alte Verletzung. Kaum jemand möchte diesen Schmerz, meist aus der Kindheit, wieder spüren. Mein Mann meint auch, dass es bereits in der Vergangenheit passiert ist und vergessen ist. Aber das stimmt so nicht. Unsere Zellen haben es nicht vergessen. Banalitäten aus dem Alltag lösen den Schmerz ein Stück weit aus. Es ist wie unter einem Dampfkochtopf. Die Gefühle brodeln unter dem Deckel und je nach dem wie stark die Hitze von Außen (Menschen, Einflüße von Außen) ist, pfeift der Kochtopf unterschiedliche Töne (Wutausbruch, Diskussionen, Streitgespräche…). Die Lösung ist, die Hitze von dem Dampfkochtopf zu nehmen und den Deckel zu öffnen. Dahinter steckt ein großer Druck (Schmerz), aber der ist nicht langanhaltend. Kurz und schmerzvoll. Danach erleichternd und befreiend.
- Wie bekommt man die Hitze raus?
- Wie kann ich den Deckel langsam und behutsam öffnen?
Wichtig ist, dass Du dir bewusst bist über Deinen Dampfkochtopf und bereit für eine Veränderung bist. Noch ein kleiner Hinweis hier ist, wenn der Kochtopf geöffnet ist, heißt das nicht, dass damit fertig ist, in dem Topf haben sich über die ganzen Jahre so viele Gefühle angestaut, dass es Zeit braucht diese Stück für Stück „auszulöffeln“ (zu fühlen, wahrzunehmen, beobachten…). Das kann man auch alleine machen, doch je nach Hitze und Größe des „Kochtopfs“ ist es hilfreich, wenn jemand dabei ist um Dich zu unterstützen, Dir einen sicheren und beschützen Raum zu geben.
Ich hoffe ich konnte Dir mein Drama im Alltag und die bildliche Veranschaulichung gut darstellen. Falls Du einen Blick in Deinen „Dampfkochtopf“ haben möchtest, melde Dich sehr gern bei mir.
In Liebe & Wertschätzung,
Yin